Deine Helden von damals: Valdas Ivanauskas

"Hamburg spielt im nächsten Jahr wieder 1. Bundesliga."

Valdas Ivanauskas (m.) im Duell mit Radoslav Latal.
War sich für keinen Zweikampf zu schade: Valdas Ivanauskas (m.). ©imago images/Claus Bergmann

Valdas Ivanauskas kam 1993 nach Hamburg – und eroberte die Herzen der Fans im Sturm. Der Angreifer absolvierte über 100 Pflichtspiele für den HSV, ackerte unermüdlich und schonte dabei weder sich, noch den Gegner. Nach seiner aktiven Karriere wurde der Litauer Trainer und betreute unter anderem Carl Zeiss Jena. Mittlerweile arbeitet der 52-Jährige in Polen und will dort Sosnowiec vor dem Abstieg aus der 1. Liga bewahren.

Mit Wettmaxx.com spricht Ivanauskas in der Reihe „Helden von damals“ über die Begleitumstände seiner Beurlaubung in Jena und verrät, warum er vom Aufstieg des HSV in die 1. Bundesliga überzeugt ist.

Herr Ivanauskas, im vergangenen Oktober haben Sie das Traineramt beim polnischen Erstligisten Zaglebie Sosnowiec übernommen. Wie konnte der zum damaligen Zeitpunkt Tabellen-Vorletzte Sie von sich überzeugen?
Valdas Ivanauskas: „Die ersten Gespräche gab es schon im September, aber der Klub hat gezögert. Nach der Niederlage gegen Lechia Gdansk ist dann die Entscheidung gefallen, den Trainer zu wechseln. Um ehrlich zu sein, war die Qualität der Mannschaft bei meinem Amtsantritt schlecht.

Die Spieler, die im Sommer verpflichtet wurden, hatten kein Erstliga-Niveau. Die Transferpolitik war auf keinem hohen Level, die Mannschaft schwach. Wir haben zwar einige Punkte geholt, aber im Winter wollte ich Gespräche mit dem Klub führen, denn mit diesem Kader hatte man keine Chance, in der Liga zu bleiben.

Daher ist der Präsident ins Risiko gegangen und hat elf neue Spieler geholt, jetzt sieht es wesentlich besser aus. Wir werden bis zum Ende um den Klassenerhalt kämpfen, das wird schwer, aber ich bin viel optimistischer als noch im Winter.“

Das Niveau könnte bei diesen Möglichkeiten höher sein. (über die polnische Liga)

Die polnische Liga hat man in der deutschen Öffentlichkeit nicht so auf dem Schirm. Wie würden Sie das Niveau der Liga einordnen?
Ivanauskas: „Die Infrastruktur ist auf Top-Level: Das Medieninteresse ist da, die Spiele werden im Fernsehen übertragen und stoßen damit auf großes Interesse bei den Fans. Viele Fans kommen zu den Spielen und sie lieben Fußball. Die Medien machen da einen tollen Job und viel Werbung für den Sport.

Aber von der fußballerischen Seite ist es zu wenig, das Niveau könnte bei diesen Möglichkeiten höher sein. Die Liga ist aber sehr ausgeglichen. Als wir Mitte März gegen den Tabellenführer gespielt haben, hatten wir glaube ich 72% Ballbesitz und lagen in vielen Statistiken wie zum Beispiel Sprints vorne, haben aber unglücklich 0:1 verloren.

Das Niveau ist mit dem in Deutschland schwer zu vergleichen, da das technische Niveau dort besser ist. Aber die Möglichkeit und die Bereitschaft, sich zu verbessern, sind da.“

Ihre Trainerkarriere begann 2003 in Litauen, in den vergangenen 16 Jahren haben Sie insgesamt in neun verschiedenen Ländern gearbeitet. Wo haben Sie die schönste Zeit erlebt?
Ivanauskas: „Das war in Schottland bei Heart of Midlothian. Wir haben in der Saison 2005/06 erstmals in der Klubgeschichte den zweiten Tabellenplatz erreicht, standen zwischen Celtic und den Rangers, und konnten so an der Qualifikation zur Champions League teilnommen. Eine Woche nach dem letzten Spieltag haben wir vor 60.000 Zuschauern in Glasgow auch noch den Pokal gewonnen, das war einmalig und ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Für die Rückfahrt haben wir statt den üblichen 45 Minuten viereinhalb Stunden gebraucht, weil unsere Fans immer wieder den Mannschaftsbus gestoppt haben, um den Pokal zu sehen. Am nächsten Tag waren 300.000 Leute in der Stadt und haben mit uns gefeiert, das war extrem.“

Ich kann nur sagen, dass es keine sportlichen Gründe hatte. (über seine Beurlaubung in Jena)

Ihre bislang einzige Trainer-Station in Deutschland war beim damaligen Zweitligisten Carl Zeiss Jena, den Sie im September 2007 übernahmen. Nach drei Monaten wurden Sie beurlaubt. Wenn Sie heute zurückblicken: Was hat nicht gepasst?
Ivanauskas: „Ich kenne die Gründe, will aber nicht darüber reden. Das habe ich mit dem damaligen Präsidenten so besprochen. Ich kann nur sagen, dass es keine sportlichen Gründe hatte. Ich bin aber zu 100 Prozent davon überzeugt, dass wir in der Liga geblieben wären, auch wenn die Möglichkeiten gering waren.“

In Jena hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Sie nach Ihrer Beurlaubung den damaligen Präsidenten Rainer Zipfel als Chauffeur herumfahren mussten. Können Sie damit aufräumen?
Ivanauskas: „Diese Geschichte stimmt nicht.“

In Jena spielte damals Torsten Ziegner unter Ihnen, der heute als Trainer den Halleschen FC betreut. War damals schon absehbar, dass er nach seiner Karriere Trainer wird?
Ivanauskas: „Er hat das Zeug zu einem guten Trainer, das hat er schon vorher in Zwickau gezeigt und auch jetzt in Halle.“

Valdas Ivanauskas gibt Anweisungen.
Nach zwölf Zweitliga-Spielen musste Valdas Ivanauskas als Jena-Trainer gehen. ©imago images/Gerhard König

Ziegner war damals bei den Jena-Fans unheimlich beliebt, trotzdem suspendierten Sie ihn. Was war vorgefallen?
Ivanauskas: „Da gab es einige Situationen, mit denen ich nicht einverstanden war. Das waren aber ganz normale sportliche Dinge, denn die Leistung ist entscheidend. Die hat Torsten zu der Zeit nicht gebracht. Er war Kapitän, der erfahrenste Spieler und ein echter Leader.

Er war beim Präsidenten und seinen Mitspielern beliebt, aber das entscheidet nicht darüber, ob er spielt oder nicht. Das Thema ist aber schon lange erledigt. Wir haben uns mal bei einem Trainerkongress getroffen und ganz normal miteinander gesprochen.“

Für mich ist das mein zweiter Name. (über seinen Spitznamen)

Lassen Sie uns über Ihre Spieler-Karriere sprechen. Insgesamt vier Jahre lang trugen Sie das Trikot des HSV. Was war Hamburg bei ihrem Wechsel 1993 für ein Klub?
Ivanauskas: „In meinem Herzen haben Austria Wien und der HSV einen besonderen Platz, Hamburg sowieso. Mit Wien haben wir alles gewonnen, was es in Österreich gibt. Aber Hamburg ist Hamburg, ich bin hundertprozentig überzeugt, dass sie nächstes Jahr wieder in der 1. Bundesliga spielen.“

Die Fans in Hamburg verpassten Ihnen den Spitznamen „Ivan der Schreckliche“. Ein Kompliment?
Ivanauskas: „Für mich ist das mein zweiter Name, darum ist das überhaupt nicht schlimm. So hat man mich übrigens schon in Wien genannt, darum war das für mich nichts Neues. Ich bin also einverstanden und auch zufrieden mit diesem Namen.“

In der Saison 1996/97 spielten Sie mit dem HSV sogar im UEFA-Cup. Der Volkspark unter der Woche, Flutlicht, ein Highlight?
Ivanauskas: „Ja, das war wirklich ein Traum. Auch wenn man den alten Volkspark nicht mit dem heutigen Stadion vergleichen kann. Das war die schönste Zeit, klar.“

Hermann war Masseur, Freund, Vater, alles in in einem. (über Kult-Masseur Hermann Rieger)

104 Spiele absolvierten Sie für Hamburg. Mehr, als für jeden anderen Klub. Wie intensiv verfolgen Sie die Geschehnisse in Hamburg noch?
Ivanauskas: „Mein Debüt gegen Nürnberg (Hamburg gewann 5:2, Anm. d. Red.). Nicht nur wegen meiner zwei Tore, sondern weil es auch mein erstes Spiel in der 1. Bundesliga war. Das schönste Spiel war aber wahrscheinlich zwei Spieltage später gegen Schalke.

Ich hatte mich am Sprunggelenk verletzt, und es war ein Wunder unseres leider zu früh verstorbenen Masseurs Hermann Rieger, dass ich spielen konnte. Er hat die ganze Nacht gearbeitet, um mich für das Spiel fit zu kriegen. Es hat sich gelohnt: Ich habe ein Tor gemacht und wir haben 4:1 gewonnen.“

Hermann Rieger ist heute noch Kult in Hamburg. Wie wichtig war er damals für die Mannschaft?
Ivanauskas: „Er ist eine Legende. Er hat so viel erlebt beim HSV, viele Trainer gesehen. Er war gebürtiger Bayer, war viele Jahre in Hamburg und in ganz Deutschland beliebt. So einen Menschen habe ich in meinem Leben selten getroffen: Hermann war Masseur, Freund, Vater, alles in einem. Ich habe ihn letztmals bei einem Benefizspiel am Millerntor getroffen, da war er dabei. Solche Menschen gibt es nur sehr, sehr selten.“

Er könnte ein bisschen mehr aus sich rausholen, mehr Herz zeigen. (über HSV-Stürmer Pierre-Michel Lasogga)

Pierre-Michel Lasogga ist ein bulliger Angreifer, der dahin geht, wo es wehtut. Erinnert ein bisschen an Sie, oder?
Ivanauskas: „Vom Körperbau und seinem Spielstil vielleicht. Als Mensch kann ich das nicht beurteilen, da ich ihn nicht persönlich kenne. Meiner Meinung nach könnte er aber ein bisschen mehr aus sich rausholen, mehr Herz zeigen. Das ist mein persönlicher Eindruck aus den Spielen, die ich von ihm gesehen habe.“

Wie wird man in Hamburg eigentlich Publikumsliebling?
Ivanauskas: „Um ihn Hamburg beliebt zu sein, muss es auch menschlich passen. Da ist Hamburg eine spezifische Stadt und nicht normal, was ich absolut positiv meine. Wenn ich allein an das letzte Spiel gegen Magdeburg denke, wo über 49.000 Fans im Stadion waren, das ist einmalig. Davor ziehe ich meinen Hut. Da muss man als Spieler dann schon einiges mitbringen, um beliebt zu sein. Es ist eine Top-Stadt und die Zuschauer erwarten Top-Fußball.“

Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht Trainer in der Bundesliga sein möchte. (über seine Ambitionen)

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages HSV-Trainer zu werden?
Ivanauskas: „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht Trainer in der Bundesliga sein möchte. Hamburg ist mein Lieblingsverein, aber ich möchte auf keinen Fall respektlos sein. Der jetzige Trainer (Hannes Wolf, Anm. d. Red.) macht einen guten Job. Was die Zukunft bringt, müssen wir abwarten.“

Am Montag trifft der HSV auswärts auf den 1. FC Köln. Ist ein Sieg Pflicht, wenn man nochmal ganz oben angreifen will?
Ivanauskas: „Nach der Niederlage gegen Magdeburg macht Union natürlich Druck von hinten. Union ist zwar gut, aber Hamburg und Köln gehören einfach in die Bundesliga. Es wird ein Top-Spiel. Geht das verloren, wird es natürlich sehr schwer. Aber unabhängig von diesem Spiel bin ich absolut überzeugt, dass Hamburg im nächsten Jahr wieder in der 1. Bundesliga spielt.“

Herr Ivanauskas, vielen Dank für das Gespräch.

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