Deine Helden von damals: Marcel Raducanu

Helden von damals: Marcel Raducanu

„Ich sehe Tuchel inzwischen sehr positiv“

Vor fast 36 Jahren setzte sich Marcel Raducanu während einer Länderspielreise mit der rumänischen Nationalmannschaft nach Deutschland ab. Der ehemalige Fußballer des Jahres in seinem Heimatland fand dann wenig später über einen kleinen Umweg sein neues fußballerisches Zuhause in Dortmund.

Marcel Raducanu im Zweikampf mit Weltmeister Andreas Brehme.
Marcel Raducanu (l., hier im Duell mit Andy Brehme) absolvierte 163 Bundesliga-Spiele für den BVB. ©Imago

Beim BVB spielte er schließlich bis 1988, bevor er zum Ende seiner Karriere für drei Jahre in die Schweiz wechselte. Der heute 62-Jährige Raducanu kehrte nach Dortmund zurück und betreibt dort seit 1994 eine Fußballschule. Im Interview für unsere Rubrik „Deine Helden von damals“ redet er über seine bewegte Vergangenheit und die aktuelle Situation bei Borussia Dortmund.

Herr Raducanu, Sie haben sich 1981 während einer Länderspielreise mit Rumänien in Dortmund vom Team abgesetzt. Wie waren damals die genauen Umstände Ihrer Flucht?
Marcel Raducanu: „Es sind damals in Rumänien ein paar Sachen passiert, die mir nicht so gefallen haben. Deshalb habe ich gesagt, dass ich mich bei der ersten Gelegenheit absetzen werde – egal, ob das in Deutschland, Italien, Frankreich oder sonst wo gewesen wäre.

Dann kam das Spiel in Dortmund. Da kam jemand extra aus dem Urlaub in Italien angereist, der 1975 aus Rumänien nach Deutschland gekommen ist. Der Typ war mein Schicksal – wenn der nicht gekommen wäre, dann wäre ich heute nicht hier. Mit ihm habe ich mich unterhalten, denn ich hatte eben vor, in Deutschland zu bleiben. Aber ich wusste nicht, wie ich das machen soll. Schließlich konnte ich kein Wort Deutsch.

Der Mann hat mir dann gesagt: ‚Marcel, kein Problem, du kannst bei mir bleiben.‘ Also habe ich in der Halbzeit des Spiels in Dortmund vorgetäuscht, dass ich verletzt bin. Und dann bin ich aus der Kabine weggelaufen. Der Typ hat draußen auf mich gewartet und wir sind dann zusammen nach Hannover gefahren.“

Sie unterzeichneten dann auch einen Vor-Vertrag bei Hannover 96.
Raducanu: „Genau. Ich wusste ja, dass ich nach meiner Flucht ein Jahr gesperrt werde. Nach drei Wochen in Hannover kam dann aber der BVB, der mir ein profitables Angebot gemacht hat – in Dortmund konnte ich eine Liga höher spielen und mehr Geld bekommen. Hannover hat dann nach einem Jahr Prozess 525.000 Mark für mich gekriegt, weil ich da ja schon einen Vertrag hatte. Ich glaube, das war das größte Geschäft in der Geschichte des Vereins – schließlich war ich ja nur drei Wochen dort.“

In den 1980er Jahren kämpfte der BVB oftmals gegen den Abstieg. Gab es zwischenzeitlich Überlegungen, den Verein zu verlassen?
Raducanu: „Ja. Die erste Saison war noch okay, aber dann haben viele Leute wie Manni Burgsmüller, Rüdiger Abramczik, Theo Schneider und Lothar Huber den Verein verlassen. Außerdem kamen immer wieder neue Trainer. Und irgendwann bekam ich dann ein Angebot von Como in Italien, die wollten mich im Paket mit dem Stuttgarter Dan Corneliusson holen.

Da wollte ich auch hingehen. Aber es hat irgendwie nicht geklappt, weil mein Flug nach München über eine Stunde Verspätung hatte. Da war mein Manager aber schon weg. Und so hatte sich das dann erledigt, deshalb bin ich doch in Dortmund geblieben. Como hat stattdessen Hansi Müller von Inter Mailand verpflichtet.“

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Nur ein Jahr, nachdem Sie den BVB 1988 in Richtung Zürich verlassen haben, wurde Dortmund Pokalsieger. Ärgern Sie sich manchmal noch darüber, dass Sie zu früh gegangen sind?
Raducanu: „Ich hatte ja eigentlich noch ein Jahr Vertrag in Dortmund, als ich mit Hannes Bongartz zusammen nach Zürich gegangen bin. Im Leben trifft man halt manchmal Entscheidungen, bei denen man erst denkt, sie wären richtig. Nach ein paar Jahren sieht man das vielleicht anders. Aber ich hatte trotzdem eine schöne Zeit in der Schweiz.“

Sie haben nach Ihrer Karriere den Fußballlehrer gemacht, kennen sich also im Trainergeschäft ein bisschen aus. Was sagen Sie zum aktuellen BVB-Trainer Thomas Tuchel?
Raducanu: „Als er gekommen ist, war ich ein bisschen skeptisch, ob er das Gleiche erreichen kann wie Jürgen Klopp. Aber ich sehe Tuchel inzwischen sehr positiv. Er macht als Typ einen guten Eindruck: Er ist sympathisch, kann sich gut verkaufen und auch gut reden. Der ist schon ganz okay.“

Der BVB braucht alte Hasen. (Marcel Raducanu)

Der BVB gehört inzwischen seit Jahren zu den absoluten Top-Teams in Deutschland. Wie bewerten Sie die aktuelle Saison, die bislang einige Höhen und Tiefen hatte?
Raducanu: „Letzte Saison lief alles noch ganz gut, da waren alle super happy. In dieser Saison hat man viele junge Leute geholt, die zwar talentiert sind, aber der BVB braucht jetzt auch mal zwei, drei alte Hasen. Man kann halt nicht nur mit A-Jugendlichen spielen, da fehlt die Konstanz.

Aber die Saison ist noch lang und ich hoffe, dass die Mannschaft mindestens den dritten Platz erreicht. Wenn der BVB es nämlich nicht schafft, nächste Saison wieder in der Champions League zu spielen, dann wird es auch für den Trainer ein bisschen problematisch, glaube ich.“

Was ist für den BVB in dieser Saison noch in den Pokal-Wettbewerben drin?
Raducanu: „Im DFB-Pokal wird es schwierig, denn in Lotte sind die Platzverhältnisse ein Problem für den BVB. Dortmund ist eine technisch starke Mannschaft, die brauchen einen guten Platz. Aber ich gehe davon aus, dass sie Lotte trotzdem schlagen. In der Champions League hat die Borussia besser gespielt als in der Meisterschaft, sehr offensiv mit viel Dynamik. Dort kann die Mannschaft weit kommen.“

Letzte Frage: Sie selbst betreiben schon seit 1994 eine Fußballschule in Dortmund. Was macht Ihnen daran so viel Spaß?
Raducanu: „Erst einmal habe ich die Chance, Kindern etwas zu vermitteln. Das ist meine Aufgabe – ich glaube, ich bin dafür geboren, das zu machen. (lacht) Mit den Kindern ist es einfach schön, wenn man nach zwei, drei Monaten ihre Fortschritte sieht. Kinder lernen so schnell. Das ist einfach toll. Mittlerweile mache ich das schon nicht nur von Montags bis Freitags, sondern auch Samstags und Sonntags.“

Herr Raducanu, wir bedanken uns für dieses Interview!

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