Deine Helden von damals: Marcel Maltritz

"Würde mir wünschen, dass beim HSV wieder Ruhe einkehrt."

Marcel Maltritz ist schneller als Bart Goor
Marcel Maltritz (r., hier gegen Herthas Bart Goor) absolvierte 74 Partien für den HSV. ©Imago images/Contrast

Marcel Maltritz ist ein Bundesliga-Urgestein. 258 Partien bestritt der gebürtige Magdeburger in Deutschlands Eliteklasse, für den VfL Wolfsburg, den Hamburger SV sowie den VfL Bochum. Dazu kommen noch über 150 Zweitliga-Partien, in denen der meinungsstarke Verteidiger ebenfalls stets voranging. Im Interview für unsere Reihe „Helden von damals“ spricht Maltritz über die Relegation mit Bochum, aktuelle Probleme des HSV und seine persönliche Zukunft.

Herr Maltritz, es ist die Jahreszeit der Relegationsspiele. Wie oft denken Sie zu dieser Zeit an Ihre Relegationserfahrung mit dem VfL Bochum 2011 zurück?
Marcel Maltritz: „Darauf wird man immer wieder angesprochen oder durch Rückblicke daran erinnert. Das ist noch sehr präsent. Es war sehr knapp damals und sehr schade. Aber Gladbach war zu dem Zeitpunkt nach einer starken  Rückrunde auch sehr gut muss man sagen.“

Wie ist Ihre Meinung generell zu Relegationsspielen?
Maltritz: „Wenn ich aus Sicht der Zweitligisten spreche, finde ich es schade, dass ein Dritter nicht direkt aufsteigt. Andersherum ist es für die Erstligisten auch nochmal eine Chance. Die wurde in den letzten Jahren auch fast immer genutzt. Letztendlich ist ein Stück weit auch ungerecht, weil die Zweitligisten, die Dritter werden eine gute Saison gespielt haben und dann nochmal zwei Spiele machen müssen, um aufzusteigen.“

Die Erstligisten haben sich sehr weit entfernt. (über die schwierige Relegation.)

Nach 2011 hat sich der VfL eher im Mittelfeld der 2. Liga eingependelt. Warum konnte Bochum nicht mehr erfolgreich angreifen?
Maltritz: „Oft ist es so, wenn man absteigt, dass man versucht mit einem ähnlichen Etat gleich wieder aufzusteigen, was in Bochum fast immer gelungen ist. In diesem Jahr leider nicht. Im Jahr darauf musste man dann Abstriche machen, weil es finanziell in der 2. Liga ganz anders aussieht.

Man ist dann in einem Teufelskreis: Sportlich läuft es nicht, dann bekommt man weniger Geld, man kann die Mannschaft nicht so verstärken. Wenn es nicht gut läuft, werden Trainer gewechselt, Manager gewechselt, das spielt alles eine große Rolle.“

Wie kann er es nochmal nach oben schaffen, zumal immer stärkere Teams in die 2. Liga abzusteigen scheinen?
Maltritz: „Es wird immer schwerer. Die Hamburger werden noch mindestens ein Jahr drin bleiben. Es ist für einen Verein wie Bochum schwer geworden, weil es in den entscheidenden Jahren, als Bochum in der 2. Liga war, in der 1. Liga viel mehr Fernsehgelder gab.

Dadurch haben sich die Erstligisten sehr weit entfernt und wenn man Vereine wie Mainz sieht oder unseren damaligen Relegationsgegner Gladbach, dann waren wir damit auch nicht auf Augenhöhe, aber vielleicht knapp dran. In der Zwischenzeit haben sie Champions League gespielt, Europa League gespielt, und Bochum ist nur noch ein normaler Zweitligist.

Das zu lösen ist sehr schwierig. Ein Patentrezept gibt es nicht. Es wird immer wieder durch gute Nachwuchsausbildung gehen müssen, sodass man Spieler verkaufen und Mehreinnahmen generieren kann. Andersherum wäre es natürlich schön, wenn man Talente an die Mannschaft heranführen kann, die dann oben mitspielen kann.“

Ruud van Nistelrooy im Zweikampf mit Marcel Maltritz
Mit dem VfL Bochum auch gegen den HSV aktiv: Marcel Maltritz (r., hier gegen Ruud van Nistelrooy). ©Imago images/Ulmer

Stuttgart, Hannover und Nürnberg gelten wohl für das nächste Jahr als Favoriten, stoßen aber auch auf den HSV. Wieso schaffte Hamburg letztlich nicht den Wiederaufstieg?
Maltritz: „Irgendwie hat man die letzten Jahre darum gebettelt. Nach den beiden Jahren in der Relegation hat man es nicht geschafft, eine Mannschaft aufzubauen, die wieder höheren Ansprüchen genügt. Dazu kommt das finanzielle Dilemma. Ohne ein, zwei Investoren wäre man dort wahrscheinlich kurz davor gewesen, das Licht auszumachen. Ob man die Lizenz dann einfach so bekommen hätte, weiß ich nicht.

Nach der Hinrunde stand man ja mit einem Bein schon wieder in der 1. Liga. Was da in der Rückrunde intern passiert ist, weiß ich natürlich nicht, aber ich habe viele Spiele gesehen. Das war einfach schwach muss man sagen, gerade was sie zu Hause für Spiele abgeliefert haben. An ein paar Dingen, die in der Mannschaft passiert sind, hat man gesehen, dass es keine Mannschaft ist, die aufsteigen kann. Es gab zu viele Disziplinlosigkeiten.“

Wie schätzen Sie die Reaktionen des HSV, Austausch von Trainer und Sportvorstand, ein?
Maltritz: „Wenn man denkt, man hat schon alles erlebt, dann kommt immer noch etwas. Ich kann mich noch an ein Interview von Bernd Hoffmann erinnern, dass er es leid ist, immer wieder eine Trainerdiskussion zu führen. Zwei Monate später ist der Trainer weg, anschließend gleich noch der Sportvorstand.

Ich würde mir wünschen, dass dort mal wieder Ruhe einkehrt, dass der HSV wieder ein Erstligist wird. Aber es wird schwerer, je länger man in der 2. Liga drin steckt. Da gibt es genug Beispiele von Vereinen, die auch noch in die 3. Liga durchgereicht wurden. Wenn man keine Ruhe hat im Vereinsumfeld, wird sich kein Erfolg einstellen.“ 

Die Mannschaft war nicht gut zusammengestellt. (über die HSV-Probleme.)

Welche Schuld trifft denn Trainer und Sportvorstand?
Maltritz: „Was genau ab der Winterpause, als man ein gutes Polster hatte, passiert ist, weiß ich nicht. Ich denke jedoch, dass die Mannschaft nicht gut zusammengestellt war. Das liegt wahrscheinlich im Management-Bereich. Aber es war zu viel Unruhe die ganze Zeit. Ich denke daher, dass jeder ein bisschen Schuld an der Misere hat, die Spieler natürlich auch. Aber von außen betrachtet ist es keine Mannschaft und somit schwierig aufsteigen zu können.“

Sie erlebten noch gute Zeiten beim HSV. Was bzw. wer waren damals die Schlüssel zum Erfolg?
Maltritz: „Gut, auch damals gab es einige Trainerwechsel, es war sehr turbulent. Wir hatten aber in der ganzen Zeit einen sehr guten Kern in der Mannschaft mit Spielern, die auch den Ton angegeben haben: Sergej Barbarez, Martin Groth, Ingo Hertzsch oder Nico-Jan Hoogma. Das waren alles sehr gute Profis. Ich weiß nicht, ob es jetzt das Grundproblem des HSV war, dass es so einen Kern nicht gegeben hat. Es war eben eine andere Zeit.“

Didi hat damals einen guten Job gemacht. (über Ex-Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer.)

Zu Ihrer Zeit war Dietmar Beiersdorfer für die sportliche Leitung des HSV verantwortlich. Wie haben Sie ihn und seine Arbeit erlebt?
Maltritz: „Es war dort noch Holger Hieronymus, der mich nach Hamburg geholt hat. Wie gesagt gab es das damals auch schon, dass Trainer und Manager ausgetauscht wurden, wenn der Erfolg ausbleibt. Wir haben dann mit Kurt Jara den Liga-Pokal gewinnen und eine gute Runde gespielt.

Ich kann nur sagen, dass Didi damals einen guten Job gemacht hat. Auch nachdem ich weggegangen bin, hat er viele gute Transfers getätigt, Spieler mit Gewinn weiterverkauft. Es war eine gute Zeit mit Halbfinals im UEFA-Pokal und DFB-Pokal. Das wieder zu erreichen wird für den HSV verdammt schwer.“

Jonas Boldt übernimmt jetzt. Was sind die dringlichsten Aufgaben?
Maltritz: „Erstmal muss jetzt der neue Trainer her. Dann muss einfach eine Mannschaft zusammengestellt werden, die alles gibt für den Verein, um aus der 2. Liga rauszukommen. Ein paar Transfers wurden schon getätigt, die Mannschaft braucht jedoch ein ganz neues Gesicht.“

Abwarten, was die Zeit bringt. (über seine Zukunft.)

Sie selbst sind im Gespräch als Sportdirektor bei Regionalligist Lok Leipzig. Was reizt Sie an der Aufgabe?
Maltritz: „Ich habe vor einiger Zeit eine Weiterbildung absolviert. Mich interessiert der Fußball nach wie vor. Die Positionen sind rar gesät, aber wenn es soweit kommt, muss es auch passen. Da muss man abwarten, was die Zeit bringt. Trainer sein liegt mir nicht so.“

Welche Vorteile hat es in diesen Positionen, früher selbst Profi gewesen zu sein?
Maltritz: „Man kann dort selbst gestalten. Man geht immer von den Profis aus, aber es gibt auch im Jugend-Bereich viele Möglichkeiten etwas zu verbessern, sei es im Scouting oder in der internen Trainer-Weiterbildung. Als Ex-Profi hat man viel erlebt, hat sich von Managern und Sportvorstanden etwas abgeschaut oder Dinge gesehen, die man vielleicht anders machen würde. Der Erfahrungsschatz und das Netzwerk sind große Vorteile, die ehemalige Spieler haben.“

Wie läuft Ihr Projekt, eine Padel-Tennis-Anlage in Bochum zu eröffnen?
Maltritz: „Das ist sehr schwierig in Deutschland. Ich bin ja schon einige Zeit dabei. Wenn die Bürokratie in Deutschland etwas einfacher wäre, wäre ich schon am Start. Somit wird sich das noch ein wenig verschieben.“

Herr Maltritz, vielen Dank für das Gespräch.

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