Deine Helden von damals: Interview mit Naohiro Takahara

Deine Helden von damals: Interview mit Naohiro Takahara

„Ich dachte, der Fußball-Gott mag mich nicht mehr“

Naohiro Takahara spielte von 2003 bis 2008 in der 1. Bundesliga. Zunächst beim HSV, ehe es in nach Frankfurt zur Eintracht zog. Im hohen Fußball-Alter von 37 Jahren ist der Japaner immer noch aktiv und hat Anfang des Jahres einen eigenen Verein gegründet – den Okinawe Sport-Verein. Was es mit deutschen Wörtern in seinem Vereinsnamen auf sich hat, wie er über seinen legendären Fehlschuss denkt und was er mit Will Grigg gemeinsam hat.

Naohiro Takahara von Okinawe Sport Verein
Die Schusshaltung immer noch perfekt. Naohiro Takahara im Trikot seines eigenen Vereins. ©Imago

Naohiro Takahara, viele Fans in Deutschland bringen Sie noch mit dem legendären Fehlschuss in Verbindung, als Sie in einem HSV-Spiel das leere Tor verfehlten. Wie sehen Sie diese Szene heute nach gut 13 Jahren?
Naohiro Takahara: „Ich erinnere mich natürlich an die Szene. In dem Moment, als ich den Torhüter ausgespielt habe und aufs Tor schießen wollte, versprang der Ball und prallte an mein Schienbein. Als ich nach dem Spiel nach Hause kam, dachte ich, dass mich der Fußball-Gott nicht mehr mag (lacht.)“

Sowohl in Hamburg als auch in Frankfurt waren Sie Publikumsliebling. Warum waren Sie so populär?
Takahara: „Dafür habe ich keine Erklärung. Ich habe einfach immer mein Bestes gegeben.“

Es ist eine meiner wertvollsten Erinnerungen. (über einen Song über sich)

Bei der EM 2016 gab es den Song „Will Grigg’s on fire“. Zehn Jahre zuvor haben die Fans in Frankfurt zur gleichen Melodie „Naohiro Takahara Shalalala“ gesungen. Was war das für ein Gefühl für Sie?
Takahara: „Ich war sehr glücklich, als die Fans für mich gesungen haben. Es ist eine meiner wertvollsten Erinnerungen, dass ich meine Freude nach dem Spiel mit den Fans durch singen und tanzen teilen konnte, auch wenn ich wegen meiner Schüchternheit vielleicht etwas verdutzt geschaut habe (lacht).“

Sie spielten über drei Jahre für den HSV. Was fällt Ihnen zu dieser Zeit ein?
Takahara
: „Die erste Zeit war hart, da ich weder Deutsch sprechen noch so Fußball spielen konnte, wie ich das gewohnt war. Trotzdem gab es viele Menschen, die mir in dieser Zeit geholfen haben. Angefangen von Dietmar Beiersdorfer, Hermann Rieger, über Sergej Barbarez, Rodolfo Cardoso, David Jarolim bis zu meinen Fans, wofür ich auch heute noch dankbar bin.“

Naohiro Takahara im Duell mit Jermaine Jones
Sowohl für den HSV als auch später für Frankfurt ging Naohiro Takahara auf Torejagd. ©Imago

Verfolgen Sie Ihre Ex-Teams Hamburg und Frankfurt noch?
Takahara: „Ja, ich schaue noch auf beide Teams und leide auch mit, wenn es nicht gut läuft. Hiermit möchte ich auch allen Fans in Deutschland sagen, dass ich aus dem weit entfernten Japan immer die Daumen drücke.“

Ich denke, ich habe den Weg mit geebnet. (über japanische Spieler in Deutschland)

In den vergangenen Jahren kamen viele japanischen Spieler nach Deutschland. Waren Sie ein Pionier für diese Entwicklung?
Takahara: „Ich weiß nicht, ob ich ein Pionier war, aber ich denke schon, dass ich den Weg für japanische Fußballer nach Deutschland mit geebnet habe. Ein großer Dank muss aber Thomas Kroth gelten, der sich mit seiner Agentur sehr um die japanischen Spieler bemüht hat. Ohne ihn hätten es nicht so viele Spieler nach Deutschland geschafft.

Welchen Status hat der deutsche Fußball in Japan?
Takahara: „Für uns in Japan ist der deutsche Fußball ein Vorbild. Es gibt viele Dinge, die wir lernen können. Nicht nur im spielerischen, sondern auch in puncto Infrastruktur, Management und Ressourcen-Entwicklung“

Sie waren ein erfolgreicher Stürmer. Was denken Sie über Yoshinori Muto (Mainz) und Takuma Asano (VfB Stuttgart)?
Takahara: Die jungen Stürmer Muto und Asano bringen viel Geschwindigkeit und eine ansprechende Technik mit. Ich glaube, sie verfügen auch über einen starken Willen und bin mir sicher, dass sie in Deutschland großen Erfolg haben.“

Unterstütz sie - sie sind genauso cool wie ich. (über die Japaner in Deutschland)

Anfang des Jahres gründeten Sie einen Fußball-Verein und nannten ihn Okinawe „Sport-Verein“, was auch in deutscher Schrift auf dem Logo steht. Was steckt dahinter?
Takahara: „Der Grund für deutschen Wörter ist ganz einfach, weil ich in Deutschland Fußball gespielt habe. Unsere Mannschafts-Trikots sehen aus wie die der Boca Juniors, für die auch mal aktiv war (lacht.)“

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Klub?
Takahara: „Wir wollen in die erste japanische Liga aufsteigen und auch dazu beitragen, dass der regionale Breitensport durch unseren Fußball verbessert wird.  Ich tue mein Bestes als Manager und Spieler des Teams.

Ich empfehle auch allen Deutschen, Okinawa zu besuchen. Es ist ein traumhafter Ort, in dem es das ganze Jahr warm ist und Sie das wunderschöne Meer genießen können. Abschließend bitte ich alle Fans die japanischen Fußballer in Deutschland zu unterstützen, sie sind genauso cool wie ich (lacht.)“