Deine Helden von damals: Garry de Graef

"Alles strahlt Fußball aus."

Garry de Graef vom SC Paderborn
Garry de Graef lief drei Jahre für den SC Paderborn auf. ©Imago images/pmk

Garry de Graef war in seinen drei Jahren beim SC Paderborn bekannt als Mittelfeldspieler mit großem Kämpferherz. Selbiges erfuhr einen schweren Schlag, als der SCP 2008 abstieg. Wie es dazu kam, wie er den Rücktritt von Jos Luhukay zwei Jahre zuvor erlebte und was er nach der Paderborner Zeit im belgischen Fußball erlebte, erzählt de Graef im Interview für unsere Reihe „Deine Helden von damals“.

Herr de Graef, Ihr Ex-Verein Paderborn ist gerade in die 1. Liga aufgestiegen. Wie haben Sie das Saisonfinale verfolgt?
Garry de Graef: „Heutzutage gibt es ja Apps, auf denen man alles verfolgen kann. Vor allem auf Instagram wird viel gepostet über Paderborn. Das verfolge ich dann schon genau, vor allem wenn es so gut läuft, da macht es mehr Spaß.“

Mit dem heutigen Sportchef Markus Krösche haben Sie noch zusammengespielt. Konnten Sie ihm schon gratulieren?
de Graef: „Nein, das habe ich noch nicht, ich denke Markus ist im Moment auch schwer erreichbar. Aber das werde ich sicher noch nachholen, denn was er in so kurzer Zeit geschafft hat, ist wirklich sehr schön.

Besonders wenn man den Tod von Wilfried Finke (ehem. Vereinspräsident, Anm. d. Red.) im Hinterkopf hat, sind die guten Leistungen sehr erfreulich. Das war für den Verein sehr emotional. Ich glaube, Markus hatte eine sehr gute Beziehung zu ihm, sodass es besonders wichtig für ihn war, das verwirklichen zu können.“

Markus hatte eine sehr gute Beziehung zu ihm. (über die Verbindung von Markus Krösche zu Wilfried Finke.)

Wie ist heutzutage Ihre Verbindung zum SCP?
de Graef: „Wir haben schon noch versucht, mit den damaligen Spielern ein Treffen zu organisieren. Aber es hat nicht geklappt, alle sind doch weit auseinander. Deutschland ist ja nicht wie Belgien, wo man zwei Stunden fährt und jeden erreichen kann.

Einige Spieler kamen ja von noch weiter weg. Das ist schade, denn mit vielen Spielern wie Benjamin Schüßler, René Müller, Markus oder auch Roel Brouwers hatte ich sehr guten Kontakt. Das versuche ich schon noch zu pflegen.“

Wie war Markus Krösche so als Mitspieler?
de Graef: „Man sah damals schon, dass er es noch weiter bringen würde. Er beschäftigte sich im Bus ständig mit seinen Studien. Ich fand es beachtlich, wie er das alles nebenbei noch machte. Man sieht ja auch wie schnell es gegangen ist, nachdem er hat die Chance bekommen hatte, Co-Trainer in Leverkusen zu sein. Es macht mir Spaß, das mit anzusehen.“

Sie kamen 2005 als Stammspieler in der Eredivisie in die 2. Bundesliga. Was gab den Ausschlag für Paderborn?
de Graef: „Mein letztes Jahr in den Niederlanden war nicht so toll verlaufen. Ich hatte einen Schritt zurück gemacht aus der Eredivisie in die zweite Liga zu De Graafschap, um mit diesem Verein wieder aufzusteigen und mir im Klub eine gute Zukunft aufzubauen. Das lief schief.

Der Aufstieg glückte uns zwar, aber danach dachten wir, es wird sicherlich gelingen, eine gute Mannschaft für die Eredivisie aufzubauen. Ich hatte gute Jahre bei RKC Waalwijk hinter mir, dann erwartet man auch einiges. Das Budget bei De Graafschap war aber nicht ausreichend, um eine erstligareife Mannschaft zu stellen.

Garry de Greaf im Gespräch mit Jos Luhukay und Markus Gellhaus
Jos Luhukay (r.) baute in Paderborn ein echtes Team auf. ©imago images/pmk

So fingen wir praktisch jede Woche Niederlagen und hingen unten fest. Das Gefühl war nicht so gut. Insgesamt hatte ich aber eine gute Zeit beim Verein und habe alles dafür getan, das Beste daraus zu machen.

Dann kam die Chance, nach Paderborn zu gehen, denn Jos Luhukay kannte mich und wollte mich gerne dabei haben. Ich wollte auch ein neues Abenteuer, also habe ich mir den Klub und die Hintergründe von Paderborn genau angeschaut. Ich fand es immer wichtig, zu wissen, mit was für einem Klub man es zu tun hat. Die Entscheidung war dann schnell getroffen.“

Jos Luhukay verfolgte also den niederländischen Fußball noch, obwohl er schon einige Jahre in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt?
de Graef: „Ja, er war früher selbst Spieler bei RKC und da verfolgt man immer, was der Verein so macht, wie es läuft und was die Spieler so tun.“

Er kann ein Team zusammenstellen, das füreinander durchs Feuer geht. (über Jos Luhukay.)

Vor dem ersten Spieltag 2006 trat Luhukay überraschend zurück. Wie erinnern Sie sich an die damalige Situation?
de Graef: „Das war sehr traurig. Bis heute wissen wir nicht, welche Gedanken dahinter standen. Wir hatten ein sehr gutes Jahr hinter uns mit Luhukay, er war einfach ein fantastischer Trainer. Ein sehr guter Motivator, er konnte eine Mannschaft gut spielen lassen. Das hat er mehrfach bewiesen, er hat viele Klubs wieder in die Spur gebracht, die in einem Tief waren.

Er ist ein Mann, der eine Mannschaft zusammenstellen kann, die auch wirklich ein Team ist. Jungs, die sich da rausnahmen, degradierte er sofort, die wollte er nicht haben. Das fand ich sehr gut. Das Besondere an ihm ist wirklich, dass er ein Team zusammenstellen kann, das füreinander durchs Feuer geht.“

Garry de Graef bei Lierse SK
Mit Lierse SK stieg Garry de Graef dank Investoren in die 1. Liga auf. ©imago images/Belga

Er hat seinen Schritt vor der Mannschaft nie begründet?
de Graef: „Nein, aber das musste er auch nicht, er wird schon einen guten Grund gehabt haben. Wir waren auf Bitten von Wilfried Finke mit einigen Spielern bei ihm zu Hause gewesen, um ihn zu überzeugen, doch weiter zu machen. Aber es gab kein Zurück mehr. Jeder geht seinen eigenen Weg.“

Ein 1:0 war immer ausreichend, um Paderborn zu schlagen. (über das Abstiegsjahr 2007/08.)

Trotz der Turbulenz hielt der SCP wieder die Klasse. Was lief dann im Abstiegsjahr 2007/08 schief?
de Graef: „Es kamen alle möglichen Umstände zusammen. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Sobald wir ein Gegentor bekamen, hatten wir das Spiel praktisch schon verloren. Wir spielten auch im roten Bereich. Unsere Stürmer waren alle langwierig verletzt, uns gelang einfach das Toreschießen nicht. Es wurde noch versucht, in der Winterpause zu korrigieren.

Das gelang nicht, muss man einfach zugeben. Es war eine Saison des „knapp daneben“. Ein 1:0 war immer ausreichend, um Paderborn zu schlagen. Das war sehr traurig, denn wir hatten im Grunde eine gute Elf. Aber so st die 2. Bundesliga: Alles wird sofort bestraft. Es war nichts zu machen.“

In einem Wort: fantastisch. (über das Leben in Paderborn.)

Wie war das Leben als Profi in Paderborn insgesamt im Vergleich zu Holland und Belgien?
de Graef: „In einem Wort: fantastisch. Ich habe drei Jahre lang nur genossen in Paderborn. Alles strahlt Fußball aus, auch wenn Paderborn damals noch das alte Stadion hatte, was aber auch sehr gemütlich war. Wir freuten uns alle auf das neue Stadion, auch ich wollte dort spielen, leider kam es nicht mehr dazu.

Fußball in Deutschland ist auch wirklich professioneller Fußball. Die Vorbereitung auf das Spiel, das Spiel selbst, das Erlebnis danach, die Verbindung zu den Fans, die Stadien, in die man kommt. Alles sagt: Fußball.

Das Leben an sich in Paderborn war auch angenehm. Es ist für deutsche Verhältnisse eine eher kleine Stadt, die Leute dort und in der Umgebung waren so freundlich, es war einfach herrlich.“

Nach dem Abstieg gingen sie nach Belgien zu Lierse SK. Dort erlebten Sie den Einstieg der Wadi Degla Holding, einer ägyptischen Investoren-Gruppe. Wie wirkte sich das aus?
de Graef: „Ich kam nach dem Abstieg zurück. Eigentlich wollte ich in Paderborn bleiben, wir waren schon in Gesprächen über einen neuen Vertrag. Aber meine Familie war auch schon zweieinhalb Jahre wieder in Belgien, ich lebte im Prinzip alleine in Paderborn. Ich sah meine Kinder nur selten, da fängt man an zu überlegen. Ich habe dann beschlossen, ich muss zurück nach Belgien. Ich kam dann zu Lierse, wo die Ägypter von Wadi Degla waren.

Sie investierten kräftig, um den Verein wieder in die erste Liga zu bringen. Das gelang auch nach zwei Jahren. Aber man darf Belgien nicht mit Deutschland vergleichen, denn man kommt dort wieder bei den Grundlagen an. Was in Deutschland alles professionalisiert ist, ist in Belgien deutlich kleiner. Bei einigen Vereinen wird es heute schon besser sein, aber zu dieser Zeit war es ein ganz schöner Kontrast.“

Die Investoren sind weg, sind auch nicht mehr willkommen. (über den Zusammenbruch von Lierse SK.)

In Deutschland sind Investoren oft ein rotes Tuch für Fans. Warum ist das in Belgien nicht so ein Thema?
de Graef: „Deutschland ist einfach gesünder als die belgischen Vereine damals. Es gab viele Klubs, die Probleme bekamen, dann ist so eine Investoren-Gruppe natürlich ein Ausweg. In Lierse stellte sich dann aber auch heraus, dass das nicht der Fall war. Lierse SK existiert eigentlich nicht mehr. Der Verein ist in zwei Teile zerfallen: Es gibt Lyra Lierse und Lierse Kempenzonen.

Mit Lierse Kempenzonen sind sie jetzt mit dem Wiederaufbau befasst. Das braucht natürlich auch Zeit. Die Investoren sind weg, sind auch nicht mehr willkommen. Es war viel Theater um sie, jetzt sind sie nicht mehr da. Es ist an den Menschen in Lierse, alles wieder aufzubauen. Das machen sie gut. Bei mir im Café trifft sich zum Beispiel ein Fanklub des Vereins.“

Man hat viele Bekannte, aber wenig Freunde. (über die Fußballwelt.)

Sie führen ein Café in der Nähe von Antwerpen. Schauen da schon mal alte Kollegen oder eher Fans vorbei?
de Graef: „Kollegen eher nicht. Die Fußballwelt ist seltsam, man hat viele Bekannte, aber wenig Freunde. Hier kommen vor allem Leute aus der Gegend her, auch mal Fans von außerhalb, die kann man aber an einer Hand abzählen.“

Wenn es wieder etwas zu feiern gibt, darf der SC Paderborn aber vorbeikommen?
de Graef: „Absolut, aber ich glaube, die Entfernung ist doch etwas groß. Es sind etwa 359 km von hier bis Paderborn.“

Herr de Graef, vielen Dank für das Gespräch.

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