Deine Helden von damals: Sven Kmetsch
"Schalke und ich – das passte wie Topf und Deckel"
Sieben Jahre Schalke 04, drei Jahre Hamburger SV und zu Beginn sechs Jahre Dynamo Dresden. Dreimal geballte Ladung Fußball, dreimal große Tradition, dreimal Sven Kmetsch. Fast 350 Einsätze in Bundesliga, Champions League, UEFA Cup. Es gibt nur wenige Spieler mit Dauerpräsenz, die das große Glück hatten, ausnahmslos von einem so zahlreichen und derart begeisterungsfähigen Publikum unterstützt zu werden wie Sven Kmetsch.
Als Mittelfeldspieler war er Balleroberer und Antreiber, ein „Kampfschwein“, wie selbst sagt. Wurde zweimal DFB-Pokalsieger, absolvierte zwei A-Länderspiele und einmal war er sich sicher, Deutscher Meister geworden zur sein. Doch er und die große Schalker Fußballgemeinde wurden dann doch noch bitter enttäuscht.
Sven Kmetsch, wie geht es Ihnen?
Sven Kmetsch: „Sehr gut, Danke !“
Aber Sie sind doch gerade ein Fußball-Trainer ohne Job….
Kmetsch: “ … der nicht jammert. Sondern in einem großartigen Familienverbund mit zwei Söhnen und einem Eigenheim immer sinnvoll beschäftigt ist.“
Und Benno Möhlmann, mit dem Sie fast ein Jahrzehnt als Co-Trainer unterwegs waren, böse sind?
Kmetsch: „Ja, bin ich (und lacht dabei). Benno ist zwar gerade 65 geworden, doch er hätte wirklich noch nicht aufhören müssen. Der hat seinen Akku wieder aufgeladen und ist noch so wach, fit und up-to-date. Schade, dass er das nach dem unverständlichen Aus in Münster so schnell verkündet hat.“
Und nun natürlich wie immer zu seinem Wort steht?
Kmetsch: „Klar, Benno – immer ein Mann, ein Wort. So ist es. Leider. Obwohl…“
… obwohl was?
Kmetsch: „Obwohl ich immer noch ein wenig auf Benno hoffe. Er ist der ideale Kollege.“
Mit Magath rede ich kein Wort mehr (über seine Beziehung zu Felix Magath.)
Sie selbst sind soeben erst 49 geworden. Hat sich Schalke 04 mal wieder gemeldet?
Kmetsch: „Peter Peters aus der Geschäftsführung hat mir einen Geburtstagsstrauß geschickt. Er ist wirklich sehr schön. Und er schrieb, dass er sich freuen würde, wenn ich mich mal wieder blicken ließe.“
Werden Sie?
Kmetsch: „Zu den Spielen gehe ich, doch in die Geschäftsstelle nicht. Es ist nicht meine Art dort reinzumarschieren, um zu horchen, ob sie einen Job für mich haben.“
Und wenn Felix Magath anriefe?
Kmetsch: „Um Gottes Willen !“
Aber Magath war doch beim HSV Ihr Trainer…
Kmetsch: „Ja, eben.“
Gab es Knatsch?
Kmetsch: „Mehr noch. Es war so beleidigend, so niederträchtig. Und deshalb habe ich damals gesagt: Mit Magath rede ich kein Wort mehr. Und dabei ist es geblieben.“
Mich ärgern diese Geheimtrainings (über fehlende Fannähe im Fußball.)
Was war los damals?
Kmetsch: „Magath hat nach einer Niederlage gegen Köln öffentlich behauptet: Der Kmetsch hat bewusst gegen mich gespielt! Mir vorzuhalten, dass ich absichtlich verlieren würde – das ist ein Stich in mein Fußballherz. Ich war entsetzt, dass Magath so was Ungeheuerliches in die Welt setzen kann.“
Danach sind Sie auf Schalke angeheuert. Dort hat man ganz anders über Sie gedacht?
Kmetsch: „Schalke und Kmetsch – das passte wie der Deckel auf dem Topf. Diese Malocher- und Kumpel-Mentalität war genau mein Ding. Ich war nun mal ein Kampfschwein.“
Regelmäßige Trainingszuschauer erzählen gern, dass Sie öfter mal eine Currywurst ausgegeben haben…
Kmetsch: „Na klar, habe ich das. Weil ich immer dankbar war, dass Menschen ihr bisschen Geld zusammenhalten, um sich eine Karte zu leisten und uns unterstützen zu können. Und deshalb ärgern mich auch diese immer mehr werdenden Geheimtrainings.
Wenn der Fußball seine größten Fans im Alltag aussperrt, dann gehen auch die letzten Möglichkeiten verloren, Nähe und Bodenständigkeit zu teilen.“
Für uns war & bleibt das unsere Meisterschaft 2001 (über 2001.)
Stevens, Wilmots, Rangnick, Heynckes waren Ihre Trainer dort. Wie sind Ihre Erinnerungen?
Kmetsch: „Das war ein ganz anderer zwischenmenschlicher Umgang miteinander. Ganz anders als bei Magath in Hamburg. Immer respektvoll, immer im Sinne einer intakten Mannschaft und mit viel Platz für Persönliches. Und dann hatten wir ja noch den großen Rudi Assauer.“
Und unvergessen bleibt, wie dieser harte Knochen im Mai 2001 wie ein Kind weinte, weil die Bayern den bereits verkündeten Schalker Meistertitel in der Nachspiel-Nachspielzeit doch noch nach München holten. Wie ist Ihnen zumute, sich daran zu erinnern?
Kmetsch: „Ihre Frage danach zeigt ja, wie einzigartig absurd dieses Szenerio immer noch wirkt: Wir sind viereinhalb Minuten lang wie verrückt über den Rasen gehüpft, weil wir in diesen viereinhalb Minuten überzeugt waren: Wir sind Meister, wir haben den Titel!
Doch dann kamen plötzlich diese Fernsehleute und zeigten die Livebilder des Bayern-Spiels. Und dann hat Andersson doch tatsächlich diesen Freistoß versenkt. Die Bayern siegten und der Titel war wieder weg. Ein Schreck, ein Schock, ein Trauma. Unvergessen. Für immer unvergessen.“
Sie sprechen immer wieder von dem Jahr, in dem wir Meister wurden. Ich finde in Ihrer Karriere aber nur zwei Pokalsiege mit Schalke.
Kmetsch: „Wir Schalker sprechen so: Ja, für uns war und bleibt das unsere Meisterschaft 2001. Unser Trost. Für die Menschen waren wir ja die Meister der Herzen.“
Mein Knie war im Eimer, doch er gab mir einen Vertrag (über Assauer.)
Was prägt Ihre Erinnerungen an Rudi Assauer?
Kmetsch: „Wie achtsam und kooperativ er mit mir umging, als bei mir nichts mehr ging. Mein rechtes Knie war im Eimer. Knorpel, Bänder – alles futsch. 2003 war alles nur noch Quälerei. Habe vor dem Spiel in der Kabine auf mein Knie geschaut und gedacht: Was machst Du hier überhaupt noch?“
Und gewinnen in Ihrem letzten Bundesligaspiel 1:0 gegen die Bayern…
Kmetsch: „Ein toller Abschluss und noch toller war Rudi. Als sicher war, dass ich wieder auf den OP-Tisch lande, nahm er mich in den Arm und sagte: Komm, Sven, wir verlängern deinen Vertrag und Du wirst in Ruhe wieder gesund.“
Wurden Sie aber nicht…
Kmetsch: „Nein, aber Rudi war eben niemals ratlos: Der sagte: Du bleibst dabei. Als 19. Mann. Fährst überall mit, schaust überall zu, hörst Dir alles an. Wirst Trainer im Nachwuchs und bleibst Schalker solange Du willst.“
Das klingt einmalig. Welch ein tolles Trainerstudium. Dann waren ja Rangnick und Heynckes Ihre Lehrmeister?
Kmetsch: „Ja, Sie haben mich großartig eingebaut. Aber ich habe es Ihnen auch leicht gemacht. Bin eben einer, der weiß, wie man nicht stört.“
Ich hoffe, dass Wagner das hinbekommt (über den neuen Trainer.)
Warum haben Sie mit all Ihrem Rüstzeug keine Lust auf einen Job als Cheftrainer? Wollen Sie der neue Peter Hermann werden?
Kmetsch: „Ja, Peter Herrmann hat viel dazu beigetragen, dass die Anerkennung der Co-Trainer-Arbeit gewachsen ist. Ich halte es genau wie er: Auch ich bin Trainer, weil ich den Fußball als Leistungssport liebe.
Und weil ich große Freude habe, mitzuhelfen, Spieler und die Mannschaft besser zu machen. Mit Spielern gezielt an ihren Schwächen zu arbeiten. Häufig zusätzlich, nach dem offiziellen Teamtraining. Das begeistert mich. Und das will ich fortsetzen.“
Schalke hat jetzt zum dritten Male nach Weinzierl und Tedesco einen Trainer geholt, der in der Bundesliga noch nicht arriviert ist. Was muss Wagner besser machen als die anderen?
Kmetsch: „Wer sich Schalke zutraut, muss ein starkes Selbstvertrauen haben und sich einer starken Rückendeckung der Sportchefs sicher sein. Ich hoffe es für den Verein, dass Wagner das hinbekommt. Es wird ihm helfen, dass er mal selbst das blau-weiße Trikot getragen hat.“
Es wird trainiert, den Ball an den Arm zu schießen (über die Handspiel-Regel.)
Auch die 1. Bundesliga nimmt nun wieder Fahrt auf. Mit neuen Gesichtern und mit Neuerungen im Regelwerk. Nach Ihrem Geschmack?
Kmetsch: „Kann nichts Sinnvolles erkennen: Das Wachhund-Verhältnis zwischen dem Trainern und dem vierten Schiri wird wohl noch angespannter werden. Ein Auswechselspieler, der vor der gegnerischen Fankurve raus muss, wird zum Sicherheitsrisiko und die ganze Handspielarie ist schon lange unerträglich.“
Warum wirken Sie bei Ihrer letzten Bemerkung besonders angefasst?
Kmetsch: „Weil mich Ungerechtigkeiten und Unsportlichkeiten ärgern. Es gibt Spieler, die trainieren längst regelmäßig, wie sie den Ball dem Gegner bewusst an den Arm schießen. Das ist doch großer Käse.“
Wir haben über Magath gesprochen, den Sie am liebsten niemals wiedersehen würden. Und wir haben über Assauer gesprochen, dem Sie viel verdanken, doch den Sie leider nie wiedersehen werden. Wie war Ihr Elternhaus im sorbischen Bautzen?
Kmetsch: „Meine Mutter habe ich leider früh verloren, mein Vater war und ist großartig. Hat mich immer dabei unterstützt, Profifußballer zu werden, mich dauernd von Bautzen nach Dresden gefahren.
Und das wichtige: Er hat mir diesen Antrieb, diese Gier, die Lust vorgelebt, immer kämpfen zu wollen, mich immer verbessern zu wollen. Ja, von ihm habe ich diese Mentalität mit in mein Leben genommen. Mein Vater ist jetzt 75 und Gott sei Dank wohlauf.“
Ich bleibe immer ein Schalker (über seine Beziehung zu S04.)
Sprechen Sie Sorbisch?
Kmetsch: „Ja, ich musste das noch in der Schule lernen. Und ja, in meiner Familie wurde auch viel Sorbisch gesprochen. Bei mir ist das meiste verloren gegangen.“
Viele Menschen zieht es früher oder später dorthin zurück, wo sie aufgewachsen sind. Werden auch Sie noch einmal Ihre Wurzeln reaktivieren?
Kmetsch: „Das hatte ich lange Zeit vor und auch lange Zeit gedacht, doch inzwischen steht fest: Mein neuer eigener Familienstützpunkt ist und bleibt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Haltern am See.“
Also nur eine knappe halbe Stunde vom Trainingsgelände der Veltins-Arena entfernt. Bleiben Sie also doch ewig ein Schalker?
Kmetsch: „Egal, ob ich irgendwann doch mal wieder dort arbeiten werde oder nicht: Ich bleibe für immer ein Schalker.“
Rudi Assauer würde sich freuen. Vielen Dank für das Gespräch, Sven Kmetsch!
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