Der DFB-Pokal
Alle Infos zum deutschen Pokalwettbewerb
Wenn Weltstars in die Provinz reisen und sich in Pflicht-Spielen fernab von jeglichem Profi-Luxus mit Freizeit-Kickern messen, dann ist DFB-Pokal. Ein Wettbewerb, in dem in schöner Regelmäßigkeit die Favoriten über unterklassige Mannschaften stolpern und sich blamieren. Mit der bekannten Floskel „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze“ versuchen Medien und Spieler dann zu erklären, warum der Champions-League-Teilnehmer gegen den Amateur-Club verloren hat. Im DFB-Pokal können selbst Dorf-Vereine aus der untersten Liga auf den deutschen Meister treffen – sofern sie die Qualifikation für die erste Hauptrunde schaffen. Die wohl größte Pokal-Blamage hat Rekordsieger FC Bayern erlitten, als das Münchener Star-Ensemble 1994 als amtierender deutscher Meister bei der TSV Vestenbergsgreuth mit 0:1 unterlag.
Nach welchem Modus der DFB-Pokal gespielt wird, wie die Qualifikation funktioniert und welche Partien den Wettbewerb bisher prägten, erklärt Euch Wettmaxx.com im Folgenden.
Aus Tschammer- wird DFB-Pokal
Goldene Trophähe. Ski-Star Maria Riesch darf den DFB-Pokal ins Stadion tragen. ImagoObwohl der Deutsche Fußball Bund (DFB) bereits 1900 gegründet wurde, gibt es den Pokal-Wettbewerb unter seinem Dach erst seit Anfang der 1950er Jahre. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es zwar auch schon Pokal-Spiele, allerdings in dem Vorgänger-Wettbewerb: dem sogenannten Tschammer-Pokal. In manchen DFB-Pokal-Sieger-Listen finden sich daher auch die Pokal-Gewinner aus dieser Zeit – wie beispielsweise das dem damligen deutschen Reich zugehörige Rapid Wien – wieder. Da der Tschammer-Pokal aber nicht mit dem DFB-Pokal in seiner Form ab 1952 gleichzusetzen ist, zählen wir bei Wettmaxx.com nur die die Sieger ab 1953. Der erste Titelträger hieß Rot-Weiß Essen, das sich im Finale gegen Alemannia Aachen durchsetze. Nachdem 10 Jahre später mit der Bundesliga auch ein einheitliches Ligensystem für die deutschen Spitzenvereine erschaffen wurde, gewann auch der Pokal-Wettbewerb mehr Beachtung. Die Bundesligisten erhielten ein automatisches Startrecht und mussten sich nicht wie zuvor über die regionalen Ausscheidungs-Turniere qualifizieren.
Alle DFB-Pokalsieger im Überblick
Mannschaft | Pokal-Titel | Quote (Finalteilnahmen/Pokalsiege) | Erster Sieg | Letzter Sieg |
---|---|---|---|---|
FC Bayern München | 17 | 85% | 1956/57 | 2013/14 |
Werder Bremen | 6 | 60% | 1960/61 | 2008/09 |
Schalke 04 | 4 | 57% | 1971/72 | 2010/11 |
1. FC Köln | 4 | 40% | 1967/68 | 1982/83 |
Eintracht Frankfurt | 4 | 67% | 1973/74 | 1987/88 |
Borussia M'Gladbach | 3 | 60% | 1959/60 | 1994/95 |
Hamburger SV | 3 | 50% | 1962/63 | 1986/87 |
Borussia Dortmund | 3 | 50% | 1964/65 | 2011/12 |
VfB Stuttgart | 3 | 50% | 1953/54 | 1996/97 |
1. FC Nürnberg | 2 | 67% | 1961/62 | 2006/07 |
Fortuna Düsseldorf | 2 | 29% | 1978/79 | 1979/80 |
1. FC Kaiserslautern | 2 | 29% | 1989/90 | 1995/96 |
Karlsuher SC | 2 | 50% | 1954/55 | 1955/56 |
1860 München | 1 | 100% | 1963/64 | 1963/64 |
Bayer Leverkusen | 1 | 33% | 1992/93 | 1992/93 |
Hannover 96 | 1 | 100% | 1991/92 | 1991/92 |
KFC (Bayer) Uerdingen | 1 | 100% | 1984/85 | 1984/85 |
Kickers Offenbach | 1 | 100% | 1969/70 | 1969/70 |
Rot-Weiß Essen | 1 | 50% | 1952/53 | 1952/53 |
Schwarz-Weiß Essen | 1 | 100% | 1958/59 | 1958/59 |
Von der Provinz auf die große Fußball-Bühne – der Pokal-Modus
An der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde nehmen 64 Teilnehmer, die sich wie folgt zusammensetzen. Die 36 Erst- und Zweitligisten sind ebenso wie die 4 bestplatzierten Drittliga-Clubs automatisch qualifiziert. Hinzu kommen die 21 Sieger der Landes-Pokalwettbewerbe. Die Landesverbände Bayern, Westfalen sowie Niedersachsen dürfen zudem noch einen weiteren Startplatz – nach eigenen Kritierien – vergeben. Während in Westfalen und Niedersachsen die im Landespokalfinale unterlegene Mannschaft das DFB-Pokal-Startrecht bekommt, wertet der bayrische Fußballverband mit dem Pokal-Startplatz seine Regionalliga Bayern auf. Der beste bayrische Amateurverein darf demnach im DFB-Pokal starten. Unterklassige Mannschaften wie beispielsweise aus der Kreisliga bräuchten, um an der ersten Hauptrunde teilnehmen zu dürfen, 2 Jahre. Zunächst müssen sie auf Kreisebene alles gewinnen und sich für den Landespokal qualifizieren. Sollte auch dieser Wettbewerb siegreich gestaltet werden, besteht für die darauffolgende Spielzeit das Startrecht im DFB-Pokal. Die unterklassigen Vereine bis zur 3. Liga genießen grundsätzlich immer Heimrecht und dürfen sich neben den Zuschauereinnahmen je nach Pokal-Gegner auch noch über attraktive TV-Gelder freuen. In der Regel werden die Einnahmen geteilt, wobei der ein oder anderer höherklassige Verein auch mal auf seinen Anteil verzichtet. 1993 stand mit den Hertha Amateuren erstmals eine Zweitvertretung in einem Pokal-Finale, was mittlerweile aber nicht mehr möglich ist, da nur noch die 1. Mannschaft eines Vereins im Pokal starten darf.
Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin
Großartige Kulisse. Das Olympiastadion fest in schwarz-gelber Hand. ImagoBis zur Saison 1984 fanden die Endspiele des DFB-Pokals in wechselnden Spielstätten statt. Erst zur Spielzeit 1984/85 wurde das Olympiastadion Berlin als fester Austragsungsort bestimmt und wird mindestens bis 2020 Final-Ort bleiben. Unter den Fans hat sich seitdem der Schlachtruf „Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin“ etabliert, der mittlerweile nicht nur bei sicheren Final-Teilnahmen skandiert wird, sondern meist schon nach jedem gewonnenen Pokal-Spiel. Die Premiere des Pokal-Finals in Berlin gewann der KFC Uerdingen (damals noch als Bayer Uerdingen) gegen den FC Bayern München. Hertha BSC schaffte bisher noch nie den Sprung ins Finale in seinem ‚Wohnzimmer‘. Nur die Amateure erreichten einmal das Endspiel, unterlagen 1992/93 aber Bayer Leverkusen.
Klein ärgert Groß – die größten Pokal-Sensationen
Kaum eine erste Hauptrunde vergeht, ohne dass eine höherklassige Mannschaft die Segel streichen musste. Dieses Favoriten-Sterben macht vor allem die erste Hauptrunde, in der die Erstligisten nach Auslosungsmodus immer auf einen unterklassigen Gegener treffen, besonders reizvoll. 2012 schieden gleich 6 Bundesligisten in der ersten Runde aus – so viele wie nie zuvor. Stellvertretend für die vielen Pokal-Überraschungen listen wir 3 Spiele auf, die wohl jedem Fußball-Fan ein Begriff sind.
- TSV Vestenbergsgreuth – FC Bayern München 1:0 (14.08.1994)
Als amtierender deutscher Meister musste der FC Bayern in der ersten Hauptrunde der DFB-Pokal-Saison 1994/95 beim Regioanlligisten TSV Vestenbergsgreuth antreten. Das Team aus dem knapp 1.500-Seelen-Dorf wich aufgrund des zu erwartenden Fan-Andrangs ins Nürnberger Frankenstadion aus, ließ sich von der Kulisse aber nicht beeindrucken. Die Münchener um Matthäus, Kahn, Scholl sowie Weltmeister Jorginho ließen sich von den Feierabend-Fußballern aus Franken düpieren und verloren 0:1. Seitdem wird Vestenbergsgreuth gern als Synonym für peinliche Pokal-Schlappen genutzt.
- VfL Osnabrück – Borussia Dortmund 3:2 (27.09.2009)
In der Pokalsaison 2009/2010 entwickelte sich Drittligist VfL Osnabrück zu einem echten Favoriten-Schreck. Zunächst musste Hansa Rostock (2. Bundesliga) in der ersten Hauptrunde dran glauben, ehe der Hamburger SV in Runde 2 in der osnatel-Arena den Kürzeren zog. Der Achtelfinal-Gegner Borussia Dortmund war also gewarnt und wollte den Siegeszug der Niedersachsen stoppen. Doch Angelo Barletta per sehenswertem Fallrückzieher und Kopfballtor stellte schon in Halbzeit 1 die Weichen auf einen erneuten VfL-Coup. Osnabrück-Coach Karsten Baumann – mit Dortmund als Spieler deutscher Meister – sah in Hälfte Zwei einen verbesserten BVB, der durch Nuri Sahin den Anschluss herstellte. Doch Benjamin Siegerts Treffer zum 3:1 entschied die Partie entgültig und machte die Blamage für Weidenfeller, Hummels und Klopp perfekt.
- Berliner AK – 1899 Hoffenheim 4:0 (18.08.2012)
Im Vorfeld wurde ein klarer Sieg erwartet, zu dem es schließlich auch kam. Allerdings nicht für den favorisierten Bundesliga-Club aus Hoffenheim, sondern den Viertligisten Berliner AK. Im ersten Spiel der Kraichgauer mit ihrer neuen Nummer 1 Tim Wiese erlebte 1899 ein echtes Debakel, das vor allem für Wiese zum Startschuss in ein unrühmliches Kapitel seiner Fußballer-Laufbahn werden sollte. Die Amateur-Kicker aus der Hauptstadt führten Hoffenheim regelrecht vor und lagen zur Pause bereits mit 3:0 in Front. Am Ende standen 4 Gegentreffer zu Buche, von denen sich Wiese mindestens 2 mit ankreiden musste und somit schon vor Bundesliga-Saison im Kreuzfeuer der Kritik stand. Weitere unglückliche Aktionen in der anschließenden Meisterschaft kosteten ihm den Stammplatz und das vorläufige Ende seiner Profi-Karriere.
Von Netzers Selbst-Einwechslung bis zur Lewandowski-Show
Neben den Pokal-Überraschungen gab es in der Geschichte eine Reihe unvergessener Spiele, die diesen Wettbewerb prägten. Von Günter Netzers Selbst-Einwechslung, Dieter Honenß‘ Turban-Tor bis zur BVB-Gala gegen den FC Bayern. Natürlich können wir hier nicht alle denkwürdigen Partien auflisten, sondern haben uns für die Auswahl der 3 genannten entschieden.
- Netzers Geniestreich
Der 23. Juni 1973. Tatort: Rheinstadion Düsseldorf. Knapp 70.000 Zuschauer verfolgten das DFB-Pokalfinale zwischen Borussia M’Gladbach und dem 1. FC Köln. Schon vor Anpfiff die erste große Überraschung: Günter Netzer saß nur auf der Bank. Tags zuvor verkündete der geniale Spielmacher seinen Abschied vom Niederrhein und den Wechsel zu Real Madrid. Trainer-Legende Weisweiler passte dies wohl nicht und strich Netzer prompt aus der Startelf. Trotz des Fehlens seines Stars ging Gladbach durch ‚Hacki‘ in Führung, die Kölns Herbert Neumann aber noch vor der Pause egalisieren konnte. Je 2 vergebene Großchancen auf beiden Seiten führten zur Verlängerung. Netzer wollte sich nicht auf der Bank aus Gladbach verabschieden und wechselte sich mit den Worten „Ich spiel dann jetzt“ zu Weisweiler selbst ein. Der ‚Joker‘ bewies ein goldenes Händchen und erzielte mit einem sehenswerten Linksschuss 4 Minuten nach seiner Hereinnahme den 2:1-Siegtreffer und ging als Pokalsieger nach Spanien.
- Turban-Dieter mit Köpfchen
Samstag, der 1. Mai 1982. 60.000 Zuschauer im Frankfurter Waldstadion sollten Zeugen eines denkwürdigen Fußballspiels werden. Der FC Bayern traf im Pokal-Finale auf den 1. FC Nürnberg und geriet zur Halbzeit mit 0:2 in Rückstand. Zudem verletzte sich der Münchener Mittelstürmer Dieter Hoeneß nach einen Zusammenprall mit dem Franken Alois Reinhardt am Kopf. Trotz klaffender Platzwunde biss Hoeneß auf die Zähne. Mit einem Turban versorgt, spielte Hoeneß weiter und steckte mit seiner Moral seine Mitspieler an. Kurz vor Schluss markierte Hoeneß sogar per Kopf den 4:2-Endstand.
- Lewandowski-Show im Finale
23 Jahre nach dem letzten Dortmunder Pokal-Triumph wollte der BVB endlich wieder den ‚Pott in den Pott‘ holen. Als frisch gebackener deutscher Meister trafen die Borussen im Endspiel auf ‚Vize‘ Bayern und fügten den Münchener eine der empfindlichsten Niederlagen ihrer Pokal-Geschichte zu. Beim 5:2 wurde die Heynckes-Elf phasenweise vorgeführt und hatte gegen furios aufspielende Dortmunder nicht den Hauch einer Chance. Robert Lewandowski schoss sich mit 3 Toren besonders ins Gedächtnis der Bayern, die ihn 2 Jahre später vom Rivalen abworben und an die Isar lotsten.