Deine Helden von damals: Uwe Erkenbrecher

Helden von damals: Uwe Erkenbrecher

„Wolfsburgs Ansprüche sind zu hoch“

Uwe Erkenbrecher ist in seiner Trainer-Karriere ganz schön herumgekommen. Angefangen hat er bereits 1979 als Spielertrainer beim SV Atlas Delmenhorst, später arbeitete er dann auch im Iran, in Indonesien und Estland. Heute ist der 62-Jährige Coach des MTV Gifhorn in der Oberliga Niedersachsen.

Uwe Erkenbrecher, heute Trainer beim MTV Gifhorn.
Uwe Erkenbrecher jubelte auch mal an der Seitenlinie von RW Essen, inzwischen ist er Coach in Gifhorn. ©Imago/Sport Press

Besonders zwei Stationen sind allerdings hervorzuheben: Der VfL Wolfsburg, für den er in verschiedenen Funktionen tätig war, und der SC Paderborn 07, für den er früher sogar selbst gespielt hat. Wie Uwe Erkenbrecher die aktuelle Situation in den beiden Vereinen bewertet, verrät er im Interview für unsere Reihe „Deine Helden von damals“!

Herr Erkenbrecher, wir haben mal gezählt: Sie kommen auf 20 Stationen als Trainer. Aus Ihrer Sicht: Waren es zu viele Vereine?
Uwe Erkenbrecher: „Das kann ich so nicht sagen, in keinster Weise. Ich arbeite jetzt seit 30 Jahren als Trainer und man nimmt von allen Stationen etwas mit – mal mehr, mal weniger. Da gibt es sicherlich – wie immer – Stationen, wo es nicht ganz so gut funktioniert hat. Andere haben dafür besser funktioniert. Insofern ist alles okay.“

Erste bekanntere Station war der VfL Wolfsburg Anfang der 1990er Jahre. Wie waren die Bedingungen in der damals drittklassigen Oberliga?
Erkenbrecher: „Sehr schwierig. Der Verein hatte schon mehrere Jahre versucht, den Aufstieg in die 2. Liga anzupeilen. Wir hatten, als ich 1991 angefangen habe, sehr gute Spieler, von denen 90% im VW-Werk beschäftigt waren.

Damals gab es noch nicht einmal ein Trainer-Büro, das habe ich mir dann erstmal eingerichtet. Aber damals waren die Bedingungen auch in der Bundesliga, im Vergleich zu heute, noch sehr karg. Für mich lief es aber von Anfang an gut in Wolfsburg, wir sind gleich im ersten Jahr aufgestiegen. So hat es mit dem Profi-Fußball beim VfL richtig angefangen.“

War das Potenzial des Vereins auch damals schon abzusehen?
Erkenbrecher: „Nein, der Verein hatte damals sehr viele Sparten und an die 5.000 Mitglieder. Da gab es viele Deutsche Meister im Judo und in der Leichtathletik. Als wir in die 2. Liga aufgestiegen sind, hatte sich VW noch gar nicht so richtig eingeschaltet.

1997, als ich dann für die zweite Mannschaft tätig war, schafften die Profis unter Willi Reimann den Bundesliga-Aufstieg. Danach gab es noch ein paar Jahre, in denen es nicht die ganz große Unterstützung gab. Erst Anfang der 2000er hat VW mehr gemacht.“

Wolfsburg hat mehr Substanz als andere Teams. (Uwe Erkenbrecher)

Wolfsburg spielt jetzt seit 20 Jahren ununterbrochen in der Bundesliga. Bleibt das auch nach dieser Saison so?
Erkenbrecher: „Es wird eng, aber ich traue es der Mannschaft zu. Ich war ein bisschen skeptisch, weil der neue Trainer Jonker keine Cheftrainer-Erfahrung hatte. Aber zumindest ist das Umfeld jetzt ruhiger geworden, die Spieler treten auch wieder selbstbewusster auf. Am Schluss glaube ich, dass Wolfsburg es schafft, weil sie einen Tick mehr Substanz haben als andere Teams da unten.“

Kann es zum Problem werden, dass die Spieler eigentlich andere Ansprüche haben? Rein vom Potenzial her müssten sie doch Anwärter auf Europa sein.
Erkenbrecher: „Na ja, Spieler wie Luiz Gustavo sind schon clever genug – die wissen, worum es geht. Da sehe ich nicht das Problem. Für meine Begriffe ist das Problem vielmehr, dass der VfL seine Ansprüche aufgrund der VW-Institution dahinter einfach grundsätzlich zu hoch ansiedelt.

Man hat das Gefühl, dass der Verein meint, er müsste international spielen, nur um VW würdevoll zu vertreten. Ich glaube, dass der VfL Wolfsburg einfach alles ein bisschen demütiger angehen sollte. Der Verein sollte dankbar dafür sein, in der Bundesliga spielen zu dürfen. Warum der VfL sich selbst mal als Bayern-Jäger gesehen hat, wird für mich immer ein Geheimnis bleiben.“

Uwe Erkenbrecher als Trainer des SC Paderborn 07.
Erkenbrecher leidet noch heute mit dem SC Paderborn mit, für den er einst als Spieler und Trainer tätig war. ©Imago/PMK

Auch ein anderer Ihrer Ex-Klubs, bei dem Sie Spieler und Trainer waren, kämpft um den Klassenerhalt – allerdings zwei Ligen tiefer. Wie sehr berührt Sie das aktuelle Schicksal des SC Paderborn 07?
Erkenbrecher: „Das finde ich ganz schlimm. Ich habe zu Herrn Wilfried Finke immer ein gutes Verhältnis gehabt. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum der Verein da unten steht.

Aber die meisten Fehler werden im Erfolg gemacht, und da muss einiges schief gelaufen sein. Sonst kann so etwas eigentlich nicht passieren. Wenn es jetzt zum Abstieg in die 4. Liga kommt, wäre das schon sehr dramatisch. Ich wünsche es dem Verein nicht, aber ich habe wenig Hoffnung, dass es noch für den Klassenerhalt reicht.“

Viele Entscheidungen konnte ich nicht nachvollziehen. (Uwe Erkenbrecher)

Wie wichtig ist es, dass Ihr ehemaliger Spieler Markus Krösche jetzt als Geschäftsführer Sport in Paderborn eingestiegen ist?
Erkenbrecher: „Das kann ich nicht beurteilen. Aber er hat dort, glaube ich, einen Fünfjahres-Vertrag bekommen, obwohl es jetzt wohl in die 4. Liga geht. Ich kenne die Hintergründe dazu nicht, aber in Paderborn sind schon viele Entscheidungen getroffen worden, die ich nicht nachvollziehen konnte. Markus Krösche ist ein guter und verdienter Spieler in Paderborn, aber er hat überhaupt keine Erfahrungen in diesem Bereich.“

Nach Ihrer Zeit als Trainer in Paderborn sind Sie in den Iran gegangen, später dann auch noch nach Indonesien und Estland. Was hat Sie dazu bewogen, in solche Fußball-Entwicklungsländer zu gehen?
Erkenbrecher: „Das waren immer besondere Herausforderungen. In Indonesien sollte damals eine neue Profi-Liga aufgebaut werden, aber das ist schon nach einem Jahr komplett in die Hose gegangen. Trotzdem hat es sehr viel Spaß gemacht.

Nach Estland bin ich damals gegangen, weil ich keinen Job hatte und dort in der 1. Liga etwas frei war. Das war auch ein sehr interessantes Projekt. Dort habe ich mich sehr, sehr wohlgefühlt, aber nach einem Jahr hatte mein Verein Tammerka Tartu keine Möglichkeit mehr, einen deutschen Trainer zu bezahlen. In Estland gibt es aber viel fußballerisches Potenzial.

Im Iran war ich nur kurz. Roland Koch war dort damals beim Spitzenklub Esteghlal Cheftrainer und wollte mich unbedingt als Co-Trainer haben. Da sollte etwas aufgebaut werden, aber es war alles schlecht organisiert. Aber auch der Iran ist ein sehr schönes Land und ich bin froh, dass ich in meiner Karriere ein bisschen herumgekommen bin.“

Heute sind Sie Trainer des MTV Gifhorn, sind dort im vergangenen Sommer in die Oberliga Niedersachsen aufgestiegen. Was macht Sie zuversichtlich, dass es jetzt nicht direkt wieder runter geht?
Erkenbrecher: „Das Vertrauen in meine Arbeit. Das haben andere Leute auch, und manchmal trauen sie mir sogar mehr zu als möglich ist. Aber ich glaube, dass ich aus den Möglichkeiten eines Vereins immer recht viel heraushole.

Hier geht es eben darum, die Nachwuchsspieler gut zu integrieren. Wir haben die zweitjüngste Mannschaft der Oberliga, damit stoßen wir im Augenblick aber schon an Grenzen. Im Sommer 2015 haben wir gesagt, dass wir innerhalb von drei Jahren aufsteigen wollen. Aber dann sind wir im ersten Jahr völlig überraschend aufgestiegen, das war fast ein bisschen zu früh. Entscheidend ist aber, dass wir es zum jetzigen Zeitpunkt noch schaffen können, in der Liga zu bleiben.“

Sie sind inzwischen 62 Jahre alt. Wie lange wollen Sie noch auf den Spuren von Rudi Gutendorf wandeln?
Erkenbrecher: „Na ja, Rudi Gutendorf war ja mehr im Ausland als im Inland tätig, insofern kann man uns nicht so richtig vergleichen. Aber bis 90 werde ich sicher nicht Trainer sein. Ich habe mir als Ziel gesetzt, bis zum Alter von 67 Jahren weiter zu machen – unter der Voraussetzung, dass ich gesund bleibe. Und im Moment geht’s mir noch sehr, sehr gut. Im Augenblick kann ich mir noch nicht vorstellen, zu Hause zu bleiben.“

Herr Erkenbrecher, vielen Dank für das Interview!

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