Deine Helden von damals: Martin Wagner

Deine Helden von damals: Martin Wagner

„Kurzfristig ist für den FCK nur das Überleben wichtig“

Die letzten beiden Titelgewinne des 1. FC Kaiserslautern liegen schon ein Weilchen zurück: Der DFB-Pokalsieg 1996 und die Deutsche Meisterschaft 1998. Martin Wagner war bei beiden Erfolgen auf dem Spielfeld dabei, im Pokalfinale 1996 erzielte er sogar den entscheidenden Treffer gegen den Karlsruher SC.

Martin Wagner im Zweikampf mit Schalkes Thomas Linke.
Martin Wagner (l.) absolvierte insgesamt 239 Pflichtspiele für den 1. FC Kaiserslautern. ©Imago

Neun Spielzeiten verbrachte der heute 48-Jährige insgesamt bei den „Roten Teufeln“, bevor er 2001 seine Karriere beim VfL Wolfsburg beendete. Im Interview für unsere Rubrik „Deine Helden von damals“ erinnert sich Martin Wagner an seine emotionale Zeit auf dem Betzenberg, außerdem schätzt er die momentane Lage des FCK ein.

Herr Wagner, haben Sie eigentlich immer noch die gefürchtete linke Klebe?
Martin Wagner: „(lacht) Na ja, die ist sehr lädiert. Ich hatte ja schon frühzeitig einen Kreuzbandriss. Deshalb habe ich auch heute noch Probleme bezüglich eines Knorpelschadens. Aber der Fuß ist noch dran und er funktioniert noch einigermaßen.“

Die besagte linke Klebe hat 1996 dafür gesorgt, dass der 1. FC Kaiserslautern Pokalsieger geworden ist. Nur eine Woche zuvor war der Klub abgestiegen. War das die verrückteste Woche Ihres Lebens?
Wagner: „Absolut. Beim Abstiegsspiel in Leverkusen war ich gelbgesperrt. Das kann man sich nicht vorstellen, wie es da in einem aussieht, wenn nach dem Spiel hunderte Leute auf dich zukommen, die weinen. Für mich war da klar, dass ich diesen Menschen wieder ein Lachen ins Gesicht zaubern will. Der Pokalsieg eine Woche später hat natürlich extrem dabei geholfen, unsere Truppe zusammenzuhalten.“

Sie haben damals unmittelbar nach dem Abstieg Fritz Walter versprochen, dass Sie auf dem Betzenberg bleiben werden. Daraufhin hat Walter Sie zu seiner Goldenen Hochzeit eingeladen.
Wagner: „Fritz war einer der größten Fußballer, die Deutschland je hervorgebracht hat. Für mich war er immer ein sehr, sehr großes Vorbild – nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch.

Als er mir mein Wort abgenommen hat, ist mir mal kurz ein bisschen anders geworden. Wenn man so einem Menschen sein Wort gibt, dann sollte man es auch halten. Deshalb hat er mir die Ehre erteilt, bei seiner Goldenen Hochzeit dabei zu sein. Das war für mich eine unglaubliche Geschichte. Am Tisch von Fritz und seiner Frau saßen zwölf Leute – und ich gehörte dazu.“

Alleine ist man stark, gemeinsam ist man unschlagbar. (Martin Wagner)

Durch den Pokalsieg konnten auch in der 2. Liga die Gehälter beim FCK weiter auf Bundesliga-Niveau bezahlt werden. Aber der Druck, direkt wieder aufzusteigen, war groß. Wie haben Sie das damals wahrgenommen?
Wagner: „Man kann so einen Druck in positive Energie umwandeln. Wir wussten natürlich, was auf uns zukommt. Und wir hatten mit Otto Rehhagel einen tollen und erfahrenen Trainer, der uns den nötigen Halt gegeben hat. Die Fans standen außerdem zu 100 Prozent hinter uns. Es war zwar schwierig, aber letztendlich galt das Motto: Alleine ist man stark, gemeinsam ist man unschlagbar. Das haben wir damals eindrucksvoll bewiesen.“

Nur ein Jahr später gelang der Wiederaufstieg und wieder nur ein Jahr darauf folgte die ganz große Sensation: Kaiserslautern wurde als Aufsteiger Deutscher Meister. Ab wann wussten Sie, dass es zur Meisterschaft reichen kann?
Wagner: „Nach dem ersten Spiel in München! (lacht) Wer Bayern München auswärts schlägt, kann überall gewinnen – das hat Otto immer gesagt. Man spielt sich dann einfach in einen Rausch.

In der Rückrunde hatten wir zwar eine Phase, in der wir mehrmals hintereinander Unentschieden gespielt haben. Da war kurz der Gedanke da, dass wir etwas verlieren könnten. Wir haben uns aber schnell wieder besinnt, am Schluss zwei Punkte Vorsprung ins Ziel gerettet und waren dann natürlich alle überglücklich.“

Martin Wagner heute.
Martin Wagner ist auch heute noch emotional mit dem 1. FC Kaiserslautern verbunden. ©Imago

Befürchten Sie, dass RB Leipzig dem FCK dieses Alleinstellungsmerkmal streitig machen könnte?
Wagner: „Das Alleinstellungsmerkmal werden wir weiterhin behalten. Wir sind ja abgestiegen, aufgestiegen und dann Meister geworden. Leipzig ist ’nur‘ aufgestiegen und könnte jetzt Meister werden. Aber ich traue Leipzig die Meisterschaft zu. Das ist eine tolle Mannschaft, der Verein hat eine gute Struktur. Sie haben einen Plan und die richtigen Leute dafür. Deshalb werden sie den Bayern lange Paroli bieten. Aber Meister wird am Ende trotzdem der FC Bayern.“

Von der Meisterschaft ist Lautern meilenweit entfernt. Der Klub muss sogar um den Klassenerhalt in der 2. Liga bangen. Glauben Sie, dass der FCK in dieser Saison lange zittern muss?
Wagner: „Ich habe einige Spiele gesehen und bin der Meinung, dass sie sportlich die Qualität haben, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Auf der anderen Seite muss man sich natürlich Gedanken machen, wie es wirtschaftlich weitergeht. Kurzfristig ist einfach das Überleben wichtig.“

Norbert Meier ist ein toller Trainer. (Martin Wagner)

Was versprechen Sie sich vom neuen Trainer Norbert Meier?
Wagner: „Gegen Norbert habe ich selbst noch gespielt, als er in Bremen war. Er ist ein toller Trainer mit einer unglaublichen Erfahrung. In der jetzigen Situation war er eine gute Wahl. Ich hoffe, dass mit ihm so ein bisschen altes Flair in den Verein hereinkommt und die Zuschauer wieder Spaß an der Mannschaft haben.“

Kommen wir zum Schluss noch mal auf Ihre Karriere in der Nationalmannschaft. Träumen Sie manchmal noch schlecht von Letchkovs Flugkopfball im WM-Viertelfinale 1994?
Wagner: „Ich kann nicht davon träumen, weil ich es ja gar nicht direkt mitbekommen habe. Zu dem Zeitpunkt war ich, nach meiner Verletzung, schon auf dem Weg ins Krankenhaus. Ich habe auch erst nach Spielende erfahren, dass wir verloren haben.

Die ganze Geschichte war aber einfach unglücklich. Nach meiner Auswechslung wurde umgestellt und dann stand bei der entscheidenden Szene Icke Häßler bei Yordan Letchkov. Der war halt von der Größe her nicht in der Lage, den Kopfball zu verhindern. Aber aus solchen Szenen wird man stark – das hat man gesehen, als wir zwei Jahre später Europameister geworden sind.“

Sind Sie zufrieden mit Ihren sechs Einsätzen in der DFB-Elf oder hätten es durchaus noch mehr sein dürfen?
Wagner: „Bei mir war natürlich immer die Verletzungsmisere daran Schuld. Natürlich hätte ich gerne mehr Länderspiele für mein Land gemacht, weil das eine unglaublich große Auszeichnung und Ehre ist. 1996 habe ich mir mit dem Gang in die 2. Liga selbst ein wenig Steine in den Weg gelegt, aber das habe ich gerne auf mich genommen. Was ich danach nämlich bekommen habe, auch von den Fans und vom Verein, das hätten mir zehn Länderspiele mehr auch nicht geben können.“

Herr Wagner, wir danken Ihnen sehr für dieses Interview!

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